3.12.1922 - 5.8.2018
Ein Nachruf von Jürg Morf, Präsident SC Bodan
Hermann Schmid, unser Schachmethusalem, ist in seinem 96.Lebensjahr von uns gegangen. Mit ihm haben wir einen sehr liebenswerten, hochgebildeten, interessanten, aber stets bescheidenen Klubkollegen verloren. Bis zu seinem Tode lebte er im Redemptoristenkloster Bernrain (Kreuzlingen).
Hermann kam 1922 in Basadingen (TG) zur Welt. Schon als Knabe war es sein Traum gewesen, einmal Ordensbruder zu werden und in Bolivien als Seelsorger verlassener Indios zu wirken. Doch der Zweite Weltkrieg stellte auch seine Weichen anders. Nach seiner klassischen A-Matura studierte er Theologie und unterrichtete anschliessend vor allem Latein am Ordensgymnasium der Redemptoristen in Matran (FR). Mit 64 Jahren, wenn die meisten von uns schon an ihre Pensionierung denken, wurde er zum Pfarrer von St.Stefan in Emmishofen-Kreuzlingen gewählt. Später arbeitete er lange als Übersetzer in der Zentrale seines Ordens in Rom und später auch als Seelsorger an der Rheumaklinik in Leukerbad. Was niemand von diesem klassischen Gelehrten erwartet hätte: Er war in jungen Jahren auch sehr sportlich. In Magglingen zum Bergführer ausgebildet, leitete er Hochgebirgslager und Berggottesdienste.
Unser geliebtes Schachspiel nahm einen ganz besonderen Stellenwert in Hermanns späterem Leben ein. Mit 80 Jahren erst kam er zum Schach! Als Kiebitz verfolgte er die SEM im Leukerbad, wurde dort zufällig von Vincenz Reichmuth als Pfarrer von Kreuzlingen erkannt und flugs als neues Klubmitglied angemeldet. Als Neuling wagte er sich bereits in die Turnierarena der SEM in Silvaplana und des Zuozer Open. Er liess sich mit Begeisterung von FM Marcel Wildi und ein paar Mal im Jahr von IM Edwin Bhend fördern. Für uns Bodanesen spielte er SMM und SGM, und - unglaublich - mit 90 übernahm er sogar für eine Saison das Captainamt der 4.SMM-Mannschaft von Bodan! Mit 81 trat er den Schweizer Schachsenioren bei und spielte mit 89 Jahren sein erstes Seniorenturnier. Das Turnier in Bad Ragaz im März dieses Jahres war sein 17. und leider letztes Seniorenturnier! Weggis 1 blieb sein Lieblingsturnier. Typisch für die Liebenswürdigkeit von Hermann ist sein Ausspruch nach einer Niederlage, dass er zwar Partien verliere, aber Menschen gewinne. Für alle sehr beeindruckend war seine Begeisterung und Lernfreude für den Schachsport. Und - dies trug sogar Früchte! Sowohl dieses wie letztes Jahr vermochte er in der SMM eine Partie für Bodan zu gewinnen. Chapeau!
Wir werden Hermann als ausserordentlichen Menschen und begeistertes und liebenswürdiges Klubmitglied stets in bester Erinnerung behalten.
Jürg Morf